«MDR bedeutet für Patientinnen und Patienten mehr Transparenz.»
Geistlich stellt höchste Ansprüche an die Qualität und Sicherheit ihrer Biomaterialien. Dieses Engagement wurde nun mit dem MDR-Zertifikat für das gesamte Produktportfolio gekrönt.
Die neue EU-Medizinprodukteverordnung (MDR) ersetzt die Medical Device Directive (MDD). Die Anforderungen an die klinische Bewertung und an die technische Dokumentation sind um einiges strenger. Zahlreiche MedTech Unternehmen in Europa sind daher gefordert, ihre Produkte gemäss der neuen Verordnung zertifizieren zu lassen. Für Geistlich bedeutete dies sieben Jahre intensivste Projektarbeit unter Einbezug von rund 100 Mitarbeitenden. Unsere MDR-Expertinnen Shelley Jambresic, Group Lead Science and Evaluation, verantwortlich für die Bewertung klinischer und wissenschaftlicher Daten, und Chantal Benz, Senior Regulatory Affairs Manager, die das MDR-Zulassungsverfahren koordinierte, geben einen Blick hinter die Kulissen.
Wenn ihr den MDR-Prozess mit etwas vergleichen müsstet, was wäre das?
Chantal Benz: Ich würde ihn mit Bergsteigen vergleichen. Wir brauchten einen ausdauernden Atem.
Shelley Jambresic: Da wir glücklicherweise über enorm viele Daten verfügen, war es nicht leicht, sämtliche relevanten Daten zusammenzutragen. Unsere Aufgabe bestand darin, eine nachvollziehbare „Geschichte“ für den Überprüfungsprozess zu schaffen.
Was waren die grössten Herausforderungen auf diesem Weg?
Chantal Benz: Für mich lag diese vor allem in der Beantwortung der Rückfragen der Benannten Stelle, die die Zertifizierung durchführt. Jede Antwort erforderte ein tiefes Verständnis sowohl der internen als auch der regulatorischen Anforderungen.
Shelley Jambresic: Die grösste Herausforderung für mich war die Datenverwaltung. Die umfangreiche wissenschaftliche Datenbasis ist dabei Fluch und Segen zugleich.
Was meinen Sie genau damit?
Shelley Jambresic: Wissenschaftliche Studien sind entscheidend für die MDR-Zertifizierung, da sie die klinischen Daten liefern, um die Sicherheit und Wirksamkeit unserer Produkte zu belegen. Die enorme Menge und Vielfalt der klinischen Informationen machte es schwierig, eine konsistente Struktur zu entwickeln. Unsere Dokumentation musste so aufgebaut sein, dass externe Prüfer den gesamten Prozess leicht nachvollziehen konnten. Unsere Studien reichen bis in die 80er Jahre zurück.
Und was ist der ‚Segen‘?
Shelley Jambresic: Der Segen liegt darin, dass unsere Produkte heute die Grundlage für medizinische Konsensus-Empfehlungen bilden. Wenn Ärzte über Behandlungsstandards diskutieren, stützen sie sich oft auf unsere Daten. Das gilt insbesondere für Geistlich Bio-Oss®. Dieses Produkt wird heute häufiger verwendet als autologer Knochen. Wir haben Daten aus kontrollierten Vergleichsstudien mit tausenden Patientinnen und Patienten sowie Follow-up Zeiten von über 24 Jahren. Geistlich Bio-Oss® ist somit das bestdokumentierte Knochenersatzmaterial.
Was bedeutet die MDR-Zertifizierung für Fachpersonen und Patientinnen und Patienten?
Chantal Benz: Die Zertifizierung zeigt, dass unsere Produkte den höchsten regulatorischen Standards entsprechen. Für die Patientinnen und Patienten bedeutet sie mehr Transparenz.
Shelley Jambresic: Die MDR spielt eine entscheidende Rolle für die Patientensicherheit, da sie umfassende praxisnahe Daten fordert. Dadurch wird eine präzisere Bewertung der Behandlungsergebnisse möglich, auf die sich sowohl Ärzte als auch Patientinnen und Patienten verlassen können.
Was sind die wesentlichen Unterschiede zwischen der MDR und der bisherigen MDD (Medical Device Directive)?
Chantal Benz: Die MDR ist viel detaillierter und umfassender als die MDD. Sie fokussiert stark auf den gesamten Produktlebenszyklus und deckt die gesamte technologische Landschaft ab, z.B. auch Software. Die Anforderungen an die klinische Bewertung und an die technische Dokumentation sind strenger.
Wie gestaltete sich die Zusammenarbeit mit den Benannten Stellen während der MDR-Zertifizierung?
Chantal Benz: Die Zusammenarbeit war intensiv und transparent. Der regelmässige Austausch war wertvoll, um den Überblick zu behalten und up-to-date zu sein. Es gab einige Hürden bei der richtigen Interpretation der Rückfragen der Benannten Stelle und dem gegenseitigen Verständnis der Prozesse, aber insgesamt war die Zusammenarbeit sehr konstruktiv. Insgesamt waren bei Geistlich rund 100 Personen in diesen Prozess involviert.
Welche Rolle spielte die Zusammenarbeit?
Shelley Jambresic: Sie war entscheidend. Durch die interdisziplinäre Zusammenarbeit sind die Abteilungsgrenzen bei Geistlich sehr fliessend geworden, was sich positiv auf unsere Unternehmenskultur ausgewirkt hat.
Was habt ihr gefühlt, als die Zertifizierung letztlich bestätigt war?
Chantal Benz: Es ist eine Mischung aus Erleichterung und Stolz. Es war ein langer und herausfordernder Prozess, aber das Gefühl, es geschafft zu haben, ist unbeschreiblich.